Titel: Befreiung vom Stottern
Autor: Weber, Axel
Infos: 1. Auflage 1991, 104 Seiten, Spiess Volker GmbH
Bestand: 1
Zum Stottern ist bereits viel geschrieben worden. Ist damit bereits alles gesagt?
Was mit dieser Schrift vorliegt, ist die engagierte Darstellung eines Betroffenen, eine Perspektive aus der Innensicht.
Doch nicht nur das hebt das Buch heraus aus der Vielzahl der Literatur zum Stottern. Es ist die philosophische Untermauerung, das suchende Nachdenken, der Griff nach einem Stück Klarheit zu einem Phänomen, zu dem viele Details bereits erforscht wurden, das von den Betroffenen in seinen Auswirkungen aber unerklärlich und existentiell bedrohend empfunden werden kann.
Der Autor beschreibt Stottern als das Mißlingen von Sprechen. Aber was heißt Sprechen? Erstaunlicherweise gibt es dazu wenig Belege. – Doch Stottern bedeutet mehr. Was ereignet sich im Menschen im Augenblick des Stotterns, wenn er sich dem Zwang gegenübersieht, sich äußern zu müssen? Nicht nur das Sprechen, sondern auch die Gedanken geraten in Unordnung, vermögen den Stotterer ins Chaos zu stürzen. Der Stotterer lebt dadurch im Zufall, wird zum Gefangenen seiner Versuchsalternativen, um diesem Zwang zu entgehen oder ihm aktiv zu begegnen.
Was heißt Therapie in diesem Zusammenhang? Für den Autor ist Therapie das Ermöglichen von Freiheit, ein Zustand, der über das fließende Sprechen hinausreicht und durch das Erleben von Zuverlässigkeit und selbstverständlicher Leichtigkeit den Stotterer aus seiner Getriebenheit herausholt.
Können das die bekannten Stotterertherapien leisten? Handelt es sich nur um eine weitere Variante in der breiten Palette möglicher Ziele in der Therapie?
Die Rekonstruktion des Therapiekonzeptes von Uwe Pape, das für den Verfasser eine entscheidende Bedeutung erlangt hat, bietet hier erste Ansatzpunkte, wobei jeder für sich entscheiden muß, ob es für ihn ein Weg oder der Weg ist. Gültige Antworten wird es hier nicht geben, eher viele – weiterführende – Fragen.
Dieses Buch ist ungewöhnlich. Ursprünglich als Magisterarbeit an der Philosophischen Fakultät der Universität Konstanz geschrieben, verbindet es Fragen zum Stottern und eine Auseinandersetzung mit Gedankengängen von Habermas und Wittgenstein sowie musikpädagogischen Ansätzen zur Therapie. Der Autor vermag aus seiner Betroffenheit heraus neue Wege aufzuzeigen, wobei es ihm gelingt, über die eigene subjektive, einzigartige Situation hinauszugehen und unerwartete Fragen zu stellen, die die Beschäftigung mit der Thematik Stottern allgemein weiterführen können.
Von daher ist dieses Buch wichtig – für alle, die sich mit diesem Phänomen beschäftigen.